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Inhaltliche Zusammenfassung
Ob wir Trost erfahren oder nicht, hängt davon ab, worauf wir schauen. Uns ist zugesagt,
dass der barmherzige Gott uns im dunklen Tal nicht allein lässt. Wenn der Glaube
realistisch sein soll, dann kann das nur eine Tatsache sein, die so sicher ist wie
ein Naturgesetz. Die Kunst des Glaubens besteht darin, in jeder noch so schweren
Lage das Tröstliche zu erkennen und allein daran den Blick zu heften (Wochenspruch Lk 21,28).
Endzeit ist nicht eine Zeit am Ende aller Zeiten, sondern ein Charakteristikum unserer
Zeiterfahrung überhaupt. Die sogenannten „Zeichen der Zeit“ erinnern uns zu allen Zeiten
daran, wie nahe die Menschen und die Erde als Ganze jederzeit dem Ende sind. Vulkanausbrüche
und Erdbeben sind zum Beispiel Erinnerungszeichen daran, dass wir uns auf einem labilen
Feuerball befinden, der nur von einer dünnen Haut zusammengehalten wird, die durchaus
platzen kann. Wir leben in ständiger existenzieller Bedrohung. Unsere eigenen Fähigkeiten,
das Überleben zu sichern, sind sehr begrenzt. Uns ist aber zugesagt, dass sich Gott
selbst um uns sorgt, um unseren Lebensverhältnissen die dauerhafte Sicherheit zu
geben, die wir selbst nicht herstellen können (Evangelium Lk 21,25-33).
Die tröstliche Stabilität der Lebensverhältnisse reift langsam heran. Wir brauchen Geduld
und Achtsamkeit dazu, um uns darauf einzustellen und diesen wachstümlichen Vorgang dankbar
und hoffnungsvoll wahrzunehmen (Jk 5,5-7).
Die christliche Hoffnung setzt geduldig darauf, dass die Menschheit zu wahrer Menschlichkeit
heranreift. Unser Nachdenken über die letzten Dinge ist nicht vom Gesichtspunkt des Endes
her bestimmt, sondern vom Gesichtspunkt dieses Ziels (Mt 24,1-14).
Wenn Gott nicht kommt, um zu helfen und zu retten, wird der vertrauensvolle Glaube an
sein barmherziges Wesen zur Qual. Dann noch geduldig und gelassen solche Erfahrungen
zu bejahen, ist sehr schwer, weil sich mit aller Macht der Gedanke aufdrängt, einem
Betrug aufzusitzen: Gott ist gar nicht barmherzig oder er ist es nur unter bestimmten
Bedingungen, die auf mich nicht zutreffen. Nun wird das vertrauensvolle Gebet zur
schweren Klage (Jes 63,15-64,3).
Wer klagt, gibt nicht auf. Er lässt Gott keine Ruhe. Er arrangiert sich nicht damit,
von Gott verlassen zu sein. Die Geduld der Klage steht unter der Verheißung der Erfüllung,
während die Versuchung der Enttäuschungswege uns zum Aufgeben veranlassen will. Gott muss
sich erbarmen. Die dunklen Täler sind nur Durchgang, niemals Selbstzweck (Jes 35,3-10).
Es gibt verschiedene Vorstellungen vom Kommen Gottes unter den Christen. Dort, wo
Christen für sich in Anspruch nehmen, als die besonders Auserwählten triumphale Erfahrungen
seines Kommens, Rettens, Helfens und Heilens zu machen, ist das zugleich demütigend
für andere, die unter Kargheit und Verachtung zu leiden haben. Aber gerade dort reift
die wahre Tragkraft der Kirche heran. Diese Letzten werden die Ersten sein (Off 3,7-13).
Vorschläge zur Vertiefung
- Es ist uns zugesagt, dass Gott als Helfer und Retter zu uns kommt. Wenn Sie ehrlich sind:
Wofür ersehnen Sie selbst vor allem seine Hilfe und Rettung?
- Wenn Gott hilft und rettet, führt das immer in größere Freiheit. Was bedroht,
bedrängt und raubt Ihre Freiheit?
- Um in der Freiheit zu leben, die Gott uns schenkt, brauchen wir Mut. Welches Neuland
der Freiheit, das Sie nur noch mutig betreten müssen, könnte Gott Ihnen bereits zur
Verfügung gestellt haben?
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