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Donnerstag:
Jeremia 20,7-18
Das ist lebendiger Glaube. Es ist Glaube im Widerspruch. Die Erfahrung ist nicht
widersprüchlich. Sie ist eindeutig: Jeremias Prophetendienst ist völlig sinnlos.
Er ist ganz offensichtlich zur Erfolglosigkeit berufen worden. Man nimmt ihn nicht
ernst und wenn man ihn doch beachten muss, weil man nicht an ihm vorbeikommt, weil
er im Weg steht, dann mag man ihn nicht leiden, feindet ihn an, schiebt ihn zur Seite.
Das ist alles und das ist chronisch und das ist unwürdig und lächerlich, peinlich
und beschämend.
Diese Rechnung ist einfach und geht auf: Jeremia ist tief im Minus, tief gedemütigt,
tief gebeugt. Er wird nicht gehört, nicht verstanden, nicht gewollt, nicht gebraucht.
Er stört. Er ist lästig. Und das alles, weil er Gott vertraut hat.
Es ist ganz offenbar: Der Ruf, dem er folgte, hat ihn betrogen. Verführerisch
einladend klang die Stimme, die zu hören er geglaubt hatte, aber er hatte sich
getäuscht.
Wenn man Menschen so erlebt, tut es weh, aber wenn Gott der Betrüger ist, noch
viel mehr. Denn die Berufung Gottes ist existenzielle Berufung: Berufung schlechthin,
Lebensberufung, Daseinsberufung. Das hat Jeremia sehr wohl verstanden und das
bezeugt auch die Bibel unmissverständlich über ihn: Bereits von Mutterleib an
hatte ihn Gott in den prophetischen Dienst gestellt, dazu war er also geboren,
dazu war er da. Wenn uns aber das, wozu wir da sind, genommen wird, ist die
Sinnlosigkeit total.
So ist es mit jeder echten Berufung des Herzens: Ihr zu folgen oder nicht steht
nicht in der Macht des Berufenen. Sie ist die untilgbare Flamme im Herzen wider
alle gegenläufige Erfahrung. Jeremia hat verzweifelt versucht, die Flamme zu
löschen, aber er hat sich dabei übel verbrannt. Diese Flamme ist das unüberwindliche
innere Muss.
Die Flamme der Berufung ist identisch mit der Flamme des Glaubens, denn Glaube ist
nur wirklich Glaube als Glaube an die Berufung. Man kann nicht an Gott glauben,
ohne an seine Berufung zu glauben - solcher Pseudoglaube wäre ein Glaube ohne Werke:
ein toter Glaube. Der lebendige Glaube äußert sich im Herzen als das innere Muss.
Das Muss des Glaubens nötigt zum Bekenntnis des Glaubens: Die Flamme bringt ein Sprechen
hervor. Jeremia widerspricht sich selbst. Er glaubt, was er nicht erfährt. Er hofft,
was er nicht sieht. Er liebt mit brennender Liebe und glühendem Hass den, der ihn
zugleich beruft und betrügt. Er preist die Barmherzigkeit dessen, der ihn grausamst
schlägt.
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