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Samstag: Wochenspruch
Die Lenden zu umgürten heißt Aktivität: Man raffte seine Tunika etwas hoch, um mehr
Beinfreiheit zu ermöglichen. So konnte man viel besser laufen und kämpfen. Die Lichter
brennen zu lassen heißt hingegen Passivität. Das Licht in uns brennt von selbst, es
wird nicht stärker, wenn wir ihm nachhelfen wollen, sondern flackert dann nur, es
wird durch unser angestrengtes Bemühen zu leuchten nur verdeckt. Jede Flamme brennt
am besten ruhig.
Damit ist deutlich, dass Aktivität und Passivität des christlichen Lebens zwei
voneinander geschiedenen Bereichen angehören. In unserm Innersten, dort, wo der
Leuchter steht, hat Aktivität nichts zu suchen. Sie schadet nur. Aber unser
Äußeres braucht beständig die Aktivität, um nicht zu verkommen. Wer sich hängen
lässt, hängt fest und kommt nicht mehr weiter; wer sich gehen lässt, geht in
die Irre.
Es ist genauso falsch, das Innere zu leugnen, wie das Äußere gering zu achten.
Der Weg nachhause wird dadurch unnötig erschwert. Die Aktivität des äußeren Lebens,
die vita activa, ist das zielstrebige, willentliche Weitergehen allen Widerständen
zum Trotz. Es geht weiter, wenn ich weitergehe! Die Passivität des inneren Lebens,
die vita contemplativa, ist die Ruhe und Gelassenheit, die innere Freiheit, das
Nicht-Getrieben-Sein, die Souveränität, das Gleichmaß des Atems, Achtsamkeit und
Takt, die Vergewisserung der Sinnhaftigkeit, das Bleiben bei sich selbst. Das
macht den Gang beständig, fest, geradlinig wie auch flexibel, unbeirrt,
ausgeglichen. Das ist die Kunst des Lebens: Selbst bei den größten äußeren
Schwankungen und Erschütterungen innerlich ruhig zu bleiben. Das ruhige
Brennen der inneren Flamme durchstrahlt und ordnet dann auch alle noch
so konzentrierte Aktivität.
Insofern gebührt der Kontemplation die Priorität. Eins ist not: Lass die Flamme
ruhig brennen, dann kann Marta ruhig rennen. Das mindert den Wert der Vita activa
keineswegs, es nimmt ihr nur allen Druck. Martas „Seligkeit“ hängt nicht von
ihren guten Taten ab. Aber die guten Taten hängen vom inneren Frieden ab. Wenn
nicht, wird ihre Qualität tatsächlich sehr fragwürdig.
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