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Freitag:
2. Korinther 5,1-10
In der diesseitigen Leiblichkeit zu sein heißt nach diesem Text, sich in einer Kluft zu Gott
zu befinden. Auch wenn Gott gegenwärtig ist, wenn Christus im Herzen wohnt, geschieht es
doch nicht in greifbarer Weise. Glauben und Schauen sind, solange wir in der diesseitigen
Leiblichkeit existieren, Gegensätze. Es ist nicht das wahre Leben hier, denn es vollzieht
sich unter der Vorbedingung der Vergänglichkeit. Es ist die Existenz des Sterbens.
Nicht die Leiblichkeit an sich lassen wir im Übergang zur Ewigkeit zurück, sondern
uns wird ein neuer, unvergänglicher Leib. Wenngleich die diesseitige Leiblichkeit
in diesem Text vor allem als Einschränkung erscheint, kann man darum nicht sagen,
dass er grundsätzlich leibfeindlich ist. Der Sinn der diesseitigen Leiblichkeit
ist Wegbereitung für die jenseitige. Die treibende Kraft darin wird „Sehnsucht“
genannt. Der Weg durch die Diesseitigkeit ist Pilgerschaft, Heimweg durch die
Fremde. Am Ziel kommt die Vorläufigkeit der Diesseitsexistenz zum Abschluss.
Dann sind wir erst, geistig-seelisch und leiblich, ganz wir selbst, und dann
erfüllt sich der Glaube im Schauen.
Die Furcht vor der Entblößung, die der Apostel mit seinen Adressaten teilt, entsteht
aus der Scham über die Mängel der diesseitigen Existenz. Hier verhüllen wir uns.
Wahrhaftig zu sein gelingt uns nur in Ansätzen. Wir verbergen unsere Peinlichkeiten.
Dort können wir nichts mehr verbergen. In unserer Vorstellung ist darum das
Offenbarwerden vor dem „Richterstuhl Christi“ tatsächlich ein furchterregendes
„Muss“. Wir wollen nicht in ein unausweichliches Licht der Wahrheit geraten,
das alles in uns und an uns bloßlegt. Unsere Sehnsucht geht nicht auf das Gericht
hin, sondern auf letztendliche, vollkommene Geborgenheit.
Das Christusgericht besteht aber nicht in Entblößung, sondern in Belohnung. Davon
kann nur gesprochen werden, wenn sie gerecht ist, und gerecht ist sie nur, wenn
es klare Unterschiede gibt. Der „Lohn“ für böses Verhalten muss natürlich ein
anderer sein als der Lohn für gutes. In der Diesseitigkeit Gutes zu tun lohnt
sich spätestens im Jenseits, sagt uns der Text zu.
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