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20. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Die Ordnungen Gottes
Wochenspruch: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist
und was der Herr von dir fordert,
nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben
und demütig sein vor deinem Gott.“ Micha 6,8 |
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Sonntag:
Markus 10,2-9
Evangelium
Die pharisäische Ausgangsfrage erschließt diesen Text. Für sie ist es klar, dass „ein Mann
sich scheiden“ darf „von seiner Frau“, nicht aber umgekehrt. Sie belegen es mit einer
Bibelstelle. Sie argumentieren also chauvinistisch und biblizistisch. Sie sehen ihr
eigenes Unrechtsverhalten dadurch gerechtfertigt. Die Frauen sind völlig abhängig
von ihnen. Sie, die pharisäischen Männer, können sie entlassen und sich nehmen, wie
es ihnen passt. Ein scheinbar guter Grund dazu findet sich immer. Sie waschen ihre
Hände in Unschuld.
Jesus hält dagegen, dass das mosaische Scheidungsgesetz nur das Realverhalten
der Männer regelt, dass es aber nicht dem Schöpfungsgedanken entspricht. Er zeigt
den tieferen Sinn des Eheverhältnisses auf, gegenseitige Ergänzung zu sein, was
völlig gleichwertige und gleichberechtigte Partnerschaft bedeutet, die beiden
das gibt, was ihnen naturgemäß fehlt. Im Miteinander und Füreinander der
weiblich-männlichen Polarität liegt die Grundkonzeption des Menschseins.
Das aus einseitiger Willkür heraus aufzulösen kann nur dem Willen Gottes
widersprechen, denn es ist nicht naturgemäß und darum schlichtweg destruktiv.
Der Text ist nicht zuletzt ein Beispiel dafür, dass auch gern angewandte Passagen
selbst aus Heiliger Schrift unter dem Einfluss eines geschichtlichen Kontexts
entstanden sein können, der es keineswegs angemessen sein lässt, sie als zeitlos
gültiges „Wort Gottes“ zu begreifen. Das Unterscheidungskriterium ist die Frage
nach dem Naturgemäßen und damit die Frage nach der Liebe. Die Liebe will das
Natürliche, weil es dem Menschen gut tut.
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