14. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Gott dankbar sein
Wochenspruch: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Psalm 103,2



Inhaltliche Zusammenfassung

Das gute und ruhige Gewissen ist die wahrgenommene Übereinstimmung von dem, was wir für gut halten, mit unserem Verhalten. Das Bild dessen, was wir für gut halten, gewinnen wir aus der Erinnerung. Unsere ethischen Orientierungpunkte liegen darum in der Vergangenheit. Das Gute der Vergangenheit ist das Gute, das Gott uns getan hat (Wochenspruch Ps 103,2).

Sich des Guten zu erinnern, das Gott uns getan hat, ist ein meditativer Akt, ein Akt der Besinnung also. Wenn wir das erfahrene Gute in einen institutionellen Rahmen ordnen, verliert es die Kraft, unsere Sichtweise zu verändern. Es erreicht nicht unser Herz. Wir empfangen es nicht mehr staunend, sondern wir schreiben es unserem eigenen richtigen Verhalten innerhalb der Institution zu. Wir erheben einen gewissen Anspruch darauf. So wird das Wesen des Guten aber nicht entdeckt. Es ist Geschenk. Der Beweggrund des wahrhaft Guten ist die Liebe. Die Betrachtung des Guten führt uns der Liebe zu, wenn uns wirklich die Augen dafür aufgehen (Evangelium Lk 17,11-19).

Wenn die Erfahrung des Guten nichts weiter hervorbringt als die Bestätigung der eigenen Richtigkeit innerhalb der als richtig geglaubten Institution, dann bläht sie uns auf, statt uns kindlich, demütig und ehrlich dankbar werden zu lassen. Diese Zuordnung, die leider so typisch menschlich aussieht, ist Paulus zufolge „fleischlich“. Das „Fleischliche“ ist aber in Wirklichkeit gerade das, was uns entmenschlicht, weil es aus der Dominanz unserer animalischen Triebstruktur resultiert. Sie knechtet den Menschen, wenn sie ihn beherrscht. So wird ein Mensch dem andern zum Wolf. Das Gegenstück dazu, Kern des Lebens als „Kind Gottes“ in Vertrauen, Hoffnung und Liebe, ist die Freiheit des Geistes. In ihr vermenschlicht sich der Mensch (Rö 8,12-17).

Die Erinnerung an das Gute, das Gott uns getan hat, ist zugleich die Erinnerung an den guten Gott. Wir verkennen Gott, wenn wir ihm irgendetwas anderes attribuieren als Liebe und Barmherzigkeit. Weil Gott seinem Wesen nach barmherzig ist, hat der Glaubende nichts anderes von ihm zu erwarten als Barmherzigkeit. Dem entspricht das Verhalten Jesu in den Evangelien: Wo immer sie seine Barmherzigkeit herausfordern, werden die Notleidenden nicht enttäuscht (Mk 1,40-50).

Wenn uns der ausschließliche Glaube an den barmherzigen Gott motiviert, dann ist dieser Glaube kindlich einfältig, ohne Wenn und Aber. Und dann entspricht dem auch unser Leben: Wir sind nicht innerlich gespalten; das Ja ist ein Ja und das Nein ein Nein. Wir sind authentisch. Nur diese Weise des Christentums überzeugt wirklich und sie ist die Grundkraft der Mission (1Thess 1,2-10).

Die Authentizität des Glaubens entsteht wachstümlich. Der Weg dorthin ist krisenhaft. Zwar ist die Kindlichkeit des Glaubens nicht nur Ziel, sondern auch Ausgangspunkt: Wo immer echter Glaube wird, auch in seinen ersten unscheinbaren Anfängen, besitzt er diesen Charakter. Aber es gibt starke Kräfte, die der Einfalt des Glaubens entgegenwirken, um sie zu unterdrücken, zu verfremden, zu spalten und zu verdrängen. Sehr viel Religiosität besteht aus diesen eigentlich glaubensfeindlichen Kräften, oft gerade auch dort, wo die Kräftigung des Glaubens sehr betont wird. Gott kommt uns entgegen, um uns durch diese Krisen zum Ziel zu führen. Ein starkes Beispiel dafür ist Jakob (Gen 28,10-19).

Aus der Gespaltenheit des misstrauenden Herzens gehen lebensfremde vereinheitlichende Muster des Urteilens und Verhaltens hervor, die nur Schwarz oder Weiß kennen. Wie sich das weiße Licht im Prisma in die Regenbogenfarben teilt, so entfaltet sich hingegen die schlichte Einfalt des Gottvertrauens ohne Wenn und Aber als die farbenfrohe, schöne Vielfalt des lebensgerechten Urteilens und Verhaltens der Liebe und Barmherzigkeit (1Thess 5,12-14).

Vorschläge zur Vertiefung

Der Weg zur Dankbarkeit ist die Übung der Achtsamkeit.
  • Setzen Sie sich mit dieser Behauptung auseinander. Ist das auch Ihr Weg?
  • Wenn ja: Wie üben Sie konkret Achtsamkeit? Gelingt es Ihnen? Gibt es etwas zu verändern, zu verbessern, zu verstärken?
  • Wenn nein: Wie sieht der Weg in tiefere Dankbarkeit dann für Sie aus?
  • Welche Bitterkeiten in Ihnen versperren sich der Dankbarkeit? Wie gehen Sie damit um?



E-Mail: info@isa-institut.de       Datum der letzten Änderung: 13.09.2020