10. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Die Kirche und Israel
Wochenspruch: „Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat.“ Psalm 33,12




Predigt
zum Text
Sonntag: Lukas 19,41-44 Evangelium

Jesus sieht. In seinem Blick sieht der Gott, der sieht, sein Volk an. Jesus sieht die Not und reagiert mit tiefstem Mitgefühl. Er sieht vorher, wie Gewalt und Gegengewalt weiter eskalieren werden. Sein Volk erkennt nicht, was zum Frieden dient. Es setzt auf Krieg. Die Führungsschicht wie auch die terrorisierende Guerilla nehmen seine Friedenslehre nicht an. Sch’ma Israel! Sie hören nicht. Sie verweigern sich dem Anspruch der Bergpredigt. Nicht, dass sie nicht könnten, denn das Wort vom Frieden ist ihnen gesagt, der Weg zum Frieden ist ihnen gezeigt.

Das wahrhaftige Mitgefühl drängt zur Tat: Jesus treibt die Händler aus dem Tempel (V45f). Darin liegt das Kernproblem der Eskalation: Die Tempelgemeinschaft ist paralysiert. Das Liebesgebot wird lautstark durch das Geschrei der Gewinnsüchtigen übertönt. Der Tempel ist nicht mehr zentraler Ort des Hörens. Sie sind taub für die Stimme des Friedens.

Das Austreiben der Händler ist nicht mehr als ein Zeichen. Sie werden sofort zurückkehren, ihre Verkaufsstände wieder aufrichten, und die Gewalt wird sich gegen den richten, der störte, der das Zeichen setzte. Aber die Störung ist geschehen, der stete Lärm des Geldeintreibens ist unterbrochen - unangenehme, wirkungsvolle Stille. Und still spricht das Zeichen weiter. Wenn der Tempel kein Ort des hörenden Betens mehr ist, füllt er sich mit Unrecht und Habsucht. Wenn nicht mehr die Macht des Friedens in ihm wohnt und von ihm ausgeht, wird die Macht des Krieges ihn erfüllen. Und seine Mauern werden zerbrechen, weil sie dem Bösen nicht mehr widerstehen. Aber so ist es immer mit dem Bösen: Wenn ihm nicht widerstanden wird, nimmt es jeden Raum ein, der sich ihm bietet und löscht dabei alles aus, was ihm noch widerstehen könnte.



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