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10. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Die Kirche und Israel
Wochenspruch: „Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist,
dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat.“ Psalm 33,12 |
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Dienstag:
Johannes 2,13-22
Es gibt keinen Kompromiss zwischen der Habsucht und der Gemeinschaft mit Gott. Gottes Geist
findet im Tempel nur Raum, wenn die Habsucht ausgetrieben wird. Jesus behandelt sie geradezu
exorzistisch wie eine Besessenheit. Sie kann nicht irgendwie integriert werden. Sie ist böse.
Wenn Jesus vom Abbruch des Tempels spricht, meint er zum einen, dass er wirklich des
Abbruchs wert ist, weil er zur Räuberhöhle geworden ist. Zum andern sieht er voraus,
dass der Abbruch gewaltsam herbeigeführt werden wird. Es ist beides: Appell und
Prophetie. Insofern spricht er tatsächlich von diesem Tempelgebäude und nicht
von sich selbst. Aber mit dem Wiederaufbau meint er sich selbst. Aus der
Zerstörung des habsüchtigen falschen Gottesdienstes wird etwas ganz anderes,
ganz Neues hervorgehen, nämlich die wahre Gemeinschaft durch seine lebendige
Gegenwart im Heiligen Geist, ohne stolze Pracht nach außen hin, so verkennbar
wie diese seine Worte. Es scheint ja lächerlich, in drei Tagen ein gigantisches
Bauwerk wie den herodianischen Tempel neu errichten zu wollen. Aber Jesus scheut
sich nicht davor, von nun an, noch bevor er irgendein Wunderzeichen vollbracht
hat, für gefährlich und verrückt gehalten zu werden. Er weiß, dass sich an
seiner Antwort die Geister scheiden werden: Wer Ohren hat zu hören, der
wird, wie die Jünger hernach, verstehen. Er würdigt die Frage nach dem
Zeichen seiner Vollmacht, indem er sie ernst nimmt. Ein Zeichen ist
ein Symbol. Wer es aufnimmt und bewegt, dem wird sich die Bedeutung
offenbaren. Nur so vermittelt sich Weisheit, denn nur so gelangt das
Geheimnis der Wege Gottes in unser Bewusstsein.
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