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Montag:
Epheser 5,8b-14
Der Text enthält einen scheinbaren Widerspruch: Man solle „die Werke der Finsternis“ aufdecken,
aber „davon auch nur zu reden, ist schändlich“. Wie soll man aber aufdecken, ohne davon zu
reden? Genau darin besteht aber das Problem des Richtens: Es ist ein nachträgliches,
nach-tragendes Nach-Reden über die Untaten der Andern. Im Nachhinein werden sie auf
ihre Untaten festgelegt, und indem das geschieht, werden sie bloßgestellt.
Üblicherweise wird der Satzteil „davon auch nur zu reden ist schändlich“ so
verstanden: „Es ist so schlimm, dass man noch nicht einmal davon reden sollte!“
Aber „nur“ steht nicht im griechischen Grundtext, sondern lediglich „auch“.
Man kann das darum korrekt auch so übersetzen: „auch (noch) davon zu reden
ist schändlich“. Damit löst sich der Widerspruch auf. Und dann wird auch
klar, warum es in den nächsten beiden Versen heißt: „Das alles wird offenbar,
wenn es vom Licht aufgedeckt wird, denn alles, was offenbar wird, das ist Licht.“
Wenn Aufdecken nicht bedeuten soll, davon zu reden, dann eben etwas anderes.
Dieses andere ist das Licht. Zu Beginn des Kapitels wurde das Leben im Licht
definiert: Es ist das Leben in der Liebe. Legitimes Aufdecken ist liebevoll;
es bringt das Licht der Liebe in finstere Zusammenhänge, und dadurch
erscheinen sie nun in einem anderen Licht. Das, was im Licht der Liebe
betrachtet wird, verändert seinen Charakter: Aus dem finsteren Bösen
wird die erbarmungswürdige Not. Wenn wir das Verhalten eines Menschen
im Licht der Liebe anschauen, dann können wir ihm nicht mehr böse sein.
Einem Menschen aus ehrlicher Barmherzigkeit nicht mehr böse zu sein,
nennt man „Vergebung“.
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