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Freitag:
1. Korinther 9,16-23
Es empfiehlt sich, die letzten Verse des Kapitels dazu zu nehmen. Paulus sieht seine
Berufung darin, Menschen zu gewinnen. Wie ein Leistungssportler, der im Wettkampf
siegen will und seinen ganzen Lebensstil darauf ausrichtet, setzt Paulus alles
daran, ein gewinnender Mensch zu sein. Es ist hier wie mit dem Hören: Wer nicht
überhaupt gewinnend ist, der ist es auch nicht für den Glauben. Ein missionarischer
Lebensstil, der nicht aus einer authentischen gewinnenden Lebenshaltung hervorgeht,
ist eben gerade nicht gewinnend. Daran krankt zu sehr großen Teilen das, was man
„Evangelisation“ nennt. Umgekehrt gilt: Wer eine gewinnende Lebenshaltung einübt,
der muss sich nicht noch einmal extra anstrengen, um nun auch noch Menschen für
den Glauben zu gewinnen. Er wirkt als Glaubender natürlich und diese Natürlichkeit
ist attraktiv für Menschen, die selbst nach dem Glauben suchen.
Die Metapher des Leistungssportlers lässt das Wort „gewinnen“ doppeldeutig
erscheinen, zugleich als Erfolg bei anderen Menschen und als Sieg: Ich gewinne,
indem ich dich gewinne, und indem ich gewinne, gewinne ich dich. Wer sich selbst
beherrscht, schafft sich dadurch die Voraussetzung, Erfolg bei anderen Menschen
zu haben, denn wer sich selbst beherrscht, kann sich geduldig und freundlich
auf seine Mitmenschen einstellen, so fremd und seltsam sie ihm auch begegnen,
und so wenig diszipliniert sie selbst auch sein mögen. Der Text bringt
deutlich zum Ausdruck, dass wahre Selbstbeherrschung unabhängig macht.
Wahre Selbstbeherrschung ist also wahre Freiheit. Nur in dieser Freiheit
können wir auch unserer wahren Berufung entsprechen.
Berufung ist das innere Muss, im Gegensatz zum äußeren Muss. Das innere
Muss ist das Muss des freien Willens, so paradox das auch erscheint. Der
freie Wille ist nicht mit dem Eigenwillen zu verwechseln. Es wird deutlicher,
wenn wir das innere Muss als die Stimme des freien Gewissens verstehen. Das
Gewissen ist frei, wenn wir mit uns selbst Übereinstimmung erfahren,
psychologisch gesagt: Es ist frei in der Selbstkongruenz. Wir können
dazu auch sagen: In unserer Bestimmung. Die Bestimmung ist das Stimmige,
das, was für uns stimmt: das Passende, das Angemessene. Darin ist der
Wille frei. Das ist identisch mit dem inneren Muss. Sich selbst auf
dieser Spur zu verwirklichen, was für Paulus bedeutet, ganz und gar
Apostel der „Heiden“ zu sein, ist Sinn der Selbstdisziplin.
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