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Dienstag:
Matthäus 22,1-14
Gott zürnt, weil er liebt. Die Theologie hat Gott ein gespaltenes Wesen zugedacht:
Zwei Hände habe er, mit der einen segne er, mit der andern strafe er. Liebegott
und Angstgott stehen einander unvereinbar gegenüber und scheinen doch derselbe
zu sein. Bei dieser Sichtweise hat das Vertrauen auf den Liebegott keine Chance,
weil es nicht möglich ist, gleichzeitig dem zu vertrauen, vor dessen Schlägen man
Angst hat. Das kann nur der Gehorsam einer ergebenen Beziehung sein, die man
„Unterwürfigkeit“ nennt. So ist Gottesfurcht durch Gottesangst definiert
und Johannes (1Joh 4,16bff) wird Lügen gestraft: Furcht gehört zur Liebe,
sagt solche Theologie, und diese Art von Liebe lebt davon, dass sie vor Strafe zittert.
Gottesfurcht muss anders definiert werden: als die Ehre, die ihm gebührt. Gottesfurcht
ist Gottesachtung. Weil Gott liebt, darum hasst er auch. Liebe ohne Hass ist ohne Kraft.
Diese Beispielsgeschichte malt mit starken Farben vor Augen, was Gott hasst. Er hasst
die Verachtung des Ehrenwerten. Ehre, wem Ehre gebührt!
Das ist ein Grundprinzip des Liebegottes und für uns Menschen ist es, unabdingbar
und unabhängig von unserer Glaubensvorstellung, das Grundprinzip der Ethik schlechthin.
Dementsprechend ist das auch die Grundaussage der zehn Gebote. Sie schieben aller
Entehrung den Riegel vor: Der Entehrung Gottes wie der Entehrung der Menschen
untereinander.
Um der Liebe willen hasst Gott die Verachtung alles Ehrenwerten. Dort hat
die Lehre vom Zorn Gottes ihren Ort und nur dort. Ohne diesen Zorn hat die
Liebe weder Kraft noch Würde.
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