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Judika
Leitmotiv: Die Bereitschaft zum Dienst
Wochenspruch: „Der Menschensohn ist nicht gekommen,
dass er sich dienen lasse,
sondern dass er diene und gebe sein Leben
zu einer Erlösung für viele.“
Matthäus 20,28 |
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Sonntag:
Markus 10,35-45
Evangelium
Das Prinzip der Kirche ist das Gegenprinzip zum Prinzip in aller Welt. Das Prinzip der Kirche
ist Dienst, das Prinzip in aller Welt ist Herrschaft. Der Gegensatz von Dienst und Herrschaft
ist aber keineswegs identisch mit dem Gegensatz von Ohnmacht und Macht. Nicht „Sklavenmoral“
und „Herrenmoral“ stehen sich, wie Nietzsche meinte, gegenüber, sondern das Prinzip der
menschlichen Macht und das Prinzip der unmenschlichen Macht. Macht ist nichts anderes
als Einfluss. Es geht um die Frage, ob unser Einfluss dienlich ist oder nicht; ob die
Welt menschlicher wird durch unseren Einfluss. Man kann so wenig nicht Einfluss nehmen,
wie man, nach Watzlawicks berühmter Formulierung, nicht nicht-kommunizieren kann. Aber
wie nehmen wir Einfluss und wozu?
Jesus weist das Bedürfnis, groß sein zu wollen, nicht ab. Darum weist er auch die
Zebedäussöhne nicht zurück. Er ist sich nur nicht sicher, ob sie die richtige
Vorstellung vom Weg zu ihrem Ziel haben. Sein eigener Weg ist Passionsweg, und
wer ihm am Ziel dieses Weges ganz nah sein möchte, muss ihm auch auf dem Weg ganz
nah gewesen sein. Die beiden wissen noch überhaupt nicht, wie dieser Weg aussehen
wird, aber vielleicht ahnen sie es. Jesus lässt das zunächst alles stehen. Erst
als die anderen Jünger mit Ärger auf das Ansinnen der beiden reagieren, gibt Jesus
sein Statement über Herrschen und Dienen.
Ob der Vorwurf der andern den beiden gerecht wird, bleibt offen. Die andern denken,
dass die beiden etwas Besseres sein wollen. Wenn das zutrifft, ärgern sie sich ganz
zu recht. Auf dieses Motiv, etwas Besseres sein zu wollen, geht Jesus nun ein. Das
Problem des Herrschens ist das Problem, besser sein zu wollen. Besser wollen wir
immer dann sein, wenn wir glauben, andernfalls nicht gut genug zu sein.
Das Problem des Herrschens ist also nicht der Wunsch, Besseres zu leisten, sondern
der Anspruch, etwas Besseres zu sein. Besseres leisten zu wollen ist ein sehr gesunder
Antrieb, wenn er frei davon bleibt, dadurch etwas Bessers sein zu wollen. Dann
bedeutet ja die bessere Leistung nichts anderes als bessere Gabenentfaltung zum
Dienst. Wenn nicht das Pseudobedürfnis, etwas Besseres sein zu wollen, hinter
unserer Leistungsmotivation steckt, dann können wir auch ohne Missgunst die
besseren Leistungen anderer anerkennen, und wenn wir dann das Gefühl des Neides
empfinden, kann es uns als Ansporn dienen, selbst unsere Leistung zu verbessern.
So entsteht gesunde Konkurrenz. Das Wort kommt vom lateinischen „concurrere“
und meint eigentlich „zusammen laufen“. Auch wenn das ein Wettkampf ist, muss
es durchaus kein persönliches Gegeneinander sein.
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