Septuagesimä
Leitmotiv: Lohn und Gnade
Wochenspruch: „Wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.“
Daniel 9,18



Donnerstag: Matthäus 9,9-13

So sieht die Gerechtigkeit des Gottes aus, der in Jesus Gestalt nimmt. Sie ist ihrem Wesen nach barmherzig. Sie ist nicht gnädig im Sinne einer zwischenmenschlichen Herablassung. Jesus wendet sich nicht sogar auch den „Zöllnern und Sündern“ zu, weil er so gnädig ist. Solche Herablassung hat den Preis der Demütigung derer, auf die sie sich richtet. Gnädige Herablassung wäre es, wenn der Vater im Gleichnis vom „Verlorenen Sohn“ diesem das erhoffte Tagelöhnerdasein einräumen würde. Das könnte sogar dem Daheimgebliebenen gefallen. Aber Jesus zeigt uns ein ganz anderes Bild des barmherzigen Vaters und er selbst lebt dieses Bild. Das Grundmotiv der Barmherzigkeit ist die bedingungslose, liebevolle, herzliche, aber niemals vereinnahmende Annahme dieses einen konkreten Menschen da, wie er ist. Bedingungslos heißt voraussetzungslos. Hierin liegt das Motiv und die Authentizität aller wahren Barmherzigkeit - nur das ist Nächstenliebe. Die Tischgemeinschaft ist ein Zeichen dieser Annahme.

Einen Menschen (wie auch sich selbst) ganz anzunehmen heißt, radikal zwischen ihm selbst und seinem Verhalten zu unterscheiden. Seine guten Taten machen ihn nicht gut und seine bösen machen ihn nicht böse. Nicht einmal Jesus hat für sich selbst beansprucht, gut zu sein. „Was nennst du mich gut?“, fragt er den „Reichen Jüngling“. „Niemand ist gut als Gott allein“ (Mk 10,18). Wir sind nicht unsere Taten. Wir sind darum auch nicht unsere Übeltaten. Unsere Übeltaten sind die üblen Probleme, die wir anderen bereiten und mit uns selbst haben.

Wir haben Probleme, aber wir sind nicht unsere Probleme. Das ist ein Kernsatz der Seelsorge und Therapie. Die bedingungslose Annahme eines Menschen in Unterscheidung zu seinen Taten ist die Voraussetzung dafür, dass er zurechtkommen kann und sein Unrechttun in Gerechtigkeit verwandelt.



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