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Donnerstag:
Matthäus 9,9-13
So sieht die Gerechtigkeit des Gottes aus, der in Jesus Gestalt nimmt. Sie ist ihrem Wesen
nach barmherzig. Sie ist nicht gnädig im Sinne einer zwischenmenschlichen Herablassung.
Jesus wendet sich nicht sogar auch den „Zöllnern und Sündern“ zu, weil er so gnädig ist.
Solche Herablassung hat den Preis der Demütigung derer, auf die sie sich richtet. Gnädige
Herablassung wäre es, wenn der Vater im Gleichnis vom „Verlorenen Sohn“ diesem das
erhoffte Tagelöhnerdasein einräumen würde. Das könnte sogar dem Daheimgebliebenen gefallen.
Aber Jesus zeigt uns ein ganz anderes Bild des barmherzigen Vaters und er selbst lebt
dieses Bild. Das Grundmotiv der Barmherzigkeit ist die bedingungslose, liebevolle,
herzliche, aber niemals vereinnahmende Annahme dieses einen konkreten Menschen da,
wie er ist. Bedingungslos heißt voraussetzungslos. Hierin liegt das Motiv und die
Authentizität aller wahren Barmherzigkeit - nur das ist Nächstenliebe. Die
Tischgemeinschaft ist ein Zeichen dieser Annahme.
Einen Menschen (wie auch sich selbst) ganz anzunehmen heißt, radikal zwischen
ihm selbst und seinem Verhalten zu unterscheiden. Seine guten Taten machen ihn
nicht gut und seine bösen machen ihn nicht böse. Nicht einmal Jesus hat für
sich selbst beansprucht, gut zu sein. „Was nennst du mich gut?“, fragt er den
„Reichen Jüngling“. „Niemand ist gut als Gott allein“ (Mk 10,18). Wir sind
nicht unsere Taten. Wir sind darum auch nicht unsere Übeltaten. Unsere Übeltaten
sind die üblen Probleme, die wir anderen bereiten und mit uns selbst haben.
Wir haben Probleme, aber wir sind nicht unsere Probleme. Das ist ein Kernsatz der
Seelsorge und Therapie. Die bedingungslose Annahme eines Menschen in Unterscheidung
zu seinen Taten ist die Voraussetzung dafür, dass er zurechtkommen kann und sein
Unrechttun in Gerechtigkeit verwandelt.
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