Letzter Sonntag nach Epiphanias
Leitmotiv: Die Verklärung
Wochenspruch: „Über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.“ Jesaja 60,2



Sonntag: Matthäus 17,1-9  Evangelium

Diese mystische Erfahrung ist heilsam für die Jünger. Wahrscheinlich nimmt Jesus sie darum mit hinein. Sie mögen gedacht haben, dass ihnen so etwas noch fehlt zur wahren Erleuchtung und Geisterfüllung. Aber was sie da erleben und für unmittelbare Gottesoffenbarung halten, bleibt ihnen der Bedeutung nach verschlossen. Sie sind verwirrt. Um die Verwirrung zu ordnen, reagieren sie, Petrus voran, wie wir Menschen eben reagieren in solchen Situationen: Sie stiften Ordnung. Der Vorschlag zum Hüttenbau ist Vorschlag zum Tempelbau: Religionsgründung. Wir Menschen gründen Religionen, um Ordnung in das erfahrene Chaos der Transzendenz zu bringen. So versuchen wir, unsere Angst zu regulieren.

Es ist sehr bezeichnend, dass sich genau in diesem Moment die Wolke dazwischenschiebt. Die mystische Erscheinung wird ihrem Blick entzogen. Sie tut ihnen nicht gut. Aber sie werden damit nicht alleingelassen. Die Wolke ist „licht“, nicht bedrohlich, sondern tröstlich, und so ist auch die Stimme. Gott geht auf ihr Bedürfnis ein, er nimmt sie ernst. Sie müssen irgendwie zurechtkommen mit dem Göttlichen, das ihnen so nah ist und das sie doch überhaupt nicht fassen und begreifen können. Er überlässt sie nicht ihren spekulativen Interpretrationen. Die würden nur zu weiteren Hüttenbauversuchen führen. Sie sehen nicht mehr und das ist gut so. Aber sie hören. Gott redet. Er gibt ihnen sein Wort. Er gibt ihnen einen Begriff und das bedeutet: Er gibt ihnen Sinn. Er beantwortet ihre drängende Frage nach der religiösen Orientierung.

Die Antwort ist sehr schlicht: Am leibhaftigen Menschen Jesus sollen sie sich orientieren. Ihm sollen sie zuhören. So allein ist echter christlicher Glaube: Ein Nichtsehen Gottes, aber ein leibhaftiges Sehen Jesu und ein Zuhören dort, wo wir ihn sehen. Maria, Marthas Schwester, ist das Vorbild dieses Glaubens. Dieses leibhaftige Begegnen und ungeteilte Zuhören ist „das Eine, was not tut“ (Lk 10,42). Sonst nichts.

„Jesus allein“ ist die vielleicht kürzeste Formel für das Wesen des Christentums. Wahr ist sie in der leibhaftigen mitmenschlichen Berührung, nicht in der vergöttlichenden Verklärung. Der Mensch Jesus als Mit-Mensch will uns berühren und ermutigen, indem wir ihm unmittelbar begegnen, sehend und hörend. Das ist die eigentliche und einzig wahre mystische Erfahrung.



E-Mail: info@isa-institut.de       Datum der letzten Änderung: 01.11.2020