1. Sonntag nach Epiphanias
Leitmotiv: Die Bedeutung der Taufe Jesu
Wochenspruch: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“ Römer 8,14



Samstag: Wochenspruch

Ob der Geist Gottes uns treibt, ist Jesus zufolge nur aus den Wirkungen ersichtlich. Wie den Wind sieht man auch den Geist selbst nicht, wohl aber seine Wirkung. Man kann den Satz also mit anderen Worten so sagen: „Ob jemand zu Recht für sich beansprucht, ein Kind Gottes zu sein, ist an seinem Verhalten zu erkennen.“ Denn die Einstellung, der Glaube, die Überzeugung im Leben eines Menschen wirkt sich entweder in seinem Verhalten aus oder sie wirkt sich gar nicht aus. Glaube ohne Auswirkung im Verhalten ist toter Glaube.

Darum ist es ein nichtssagender Satz, wenn jemand den Wochenspruch umdreht: „Weil ich Gottes Kind bin, treibt mich (im Unterschied zu denen, die nicht Gottes Kinder sind) Gottes Geist.“ Dabei ist vorauszusetzen, dass „Gotteskindschaft“ hier kein allgemeines Prädikat der Menschenkinder als den geliebten Werken des Schöpfers ist, sondern eine Bezeichnung für die Übereinstimmung der Willensausrichtung eines Menschen mit dem Willen Gottes. „Kind“ meint hier, „wes Geistes Kind“ man ist, also eine geistige Verwandtschaft: die enge Zugehörigkeit zu der geistigen Macht, die einen Menschen prägt und bestimmt. Darum kann Jesus auch Menschen, die sich der Lüge verschrieben haben, „Kinder des Teufels“ nennen.

Im Gespräch mit Nikodemus (Joh 3) sagt Jesus, dass man nur durch einen Geburtsvorgang ein Kind Gottes dieser Art wird und dass dieser Geburtsvorgang durch „Wasser und Geist“ gewirkt ist. „Wasser“ kann in diesem Zusammenhang nichts anderes heißen als das Wasser der Johannestaufe. Dieses Wasser ist das äußere Zeichen der inneren Abkehr von der Verantwortungslosigkeit zur Verantwortung dem Mitmenschen gegenüber. Das ist zugleich die verantwortliche Wegbereitung für das Kommen des Gottesreichs. Dies ist der aktive Teil der Glaubensentstehung in uns: Wir sind gerufen, aus eigener, freier Entscheidung heraus unsere Einstellung und unser Verhalten zu ändern. Die Bereitschaft dazu ist die Voraussetzung für den passiven Teil der Glaubensentstehung. Das ist die Geburt durch den Geist. Sie bewirken wir nicht selbst; es geschieht an uns; es ist mit Schmerz, Angst und Widerstand in uns verbunden, aber es geschieht unter dem Vorzeichen der hoffnungsvollen Erwartung zu erfahren, dass der Lohn der Krise darin liegt, sich am Ende „wie neugeboren“ zu fühlen, wahrhaft lebendig und befreit. Es wird deutlich, wie beides ineinander greift, denn der aktive und der passive Teil der Glaubensentstehung laufen auf dasselbe Ziel hinaus, nämlich unsere wirkungsvolle Veränderung aus dem Zustand der Verantwortungslosigkeit in die gelebte Verantwortlichkeit hinein. Der Geist Gottes initiiert diesen Prozess: Schon die prophetische Johannespredigt ist Reden Gottes, weswegen Jesus sie ja auch ohne Weiteres fortsetzt, als Johannes gefangen genommen wird. Er initiiert ihn aber, indem er uns zunächst zur mitmenschlichen Verantwortung bewegt. Dann wiederum vollendet der Geist Gottes den Veränderungsprozess, indem er diese unsere Bereitschaft aufnimmt und über die Grenzen unseres eigenen Vermögens hinaus zum Ziel bringt.


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