Jahreswechsel/Epiphanias
Leitmotiv: Das wirklich Neue
Leitwort Epiphanias: „Die Finsternis vergeht, und das wahre Licht scheint jetzt.“
1. Johannes 2,8



Jesaja 60,1-2

Es ist nicht nur der christliche Glaube, um den es hier geht, denn der erste Adressat des Textes ist das Judentum und erst der zweite sind wir als Christen. Es ist wichtig, dass wir diesen Zusammenhang bei der Auslegung alttestamentlicher Texte stets im Blick haben. Sonst laufen wir Gefahr, sie nur einseitig zu verstehen.

Der jüdische und der christliche Glaube sind dazu bestimmt, Gegenbewegung des Lichts zur Finsternis zu sein: Gegenbewegung, weil die Finsternis über die Völker herrscht. Die Gegenbewegung kann mitunter eine Protestbewegung sein, aber darin besteht weder ihr Wesen noch ihr eigentlicher Auftrag. Wesen und Auftrag dieser Bewegung besteht schlicht darin, lebendig zu sein. Denn wenn der jüdische und christliche Glaube lebt, dann ist er Licht.

Wir werden nicht aufgefordert, gegen die Finsternis zu kämpfen, sondern wir werden aufgefordert, im Licht zu leben. Das sind zwei unterschiedliche Grundausrichtungen. Die erste ist contra, die andere ist pro. Wir sind zu einer Pro-Haltung berufen. Die gibt es nur ganz oder gar nicht. Sie kennt kein „Ja, aber“. Sie ist, dem Wesen des Gottes entsprechend, der uns beruft, ganz „Ja“, ganz ohne „Wenn und Aber“.

Wir werden auch nicht aufgefordert, selbst ein religiöses Licht zu erzeugen, das die Religionen aller anderen in den Schatten stellt. Sondern wir werden dazu aufgefordert, uns aufzumachen, um selbst licht zu werden. „Licht“ ist in diesem Fall klein geschrieben. „Werde licht“ bedeutet somit: „Werde hell“. Das macht uns also zu lebendigen Glaubenden: Dass wir Licht in unsere eigene innere Dunkelheit kommen lassen. Das bedeutet ehrlich zu sich selbst zu kommen, um ein realistisches Selbstbewusstsein zu entwickeln. Im Glauben geschieht das, indem wir uns dabei suchend und sehnend auf Gott zubewegen. Wir finden Gott dort, wo er uns bereits entgegenkommt, dort also, wo wir bereits am deutlichsten seine Nähe spüren, seine Stimme hören. Diese beiden Prozesse, Gottsuche und Selbstfindung, bilden miteinander das Ganze des lebendigen Glaubens. Uns ist verheißen, dass dieser Annäherungsprozess zum Ziel kommt: Wenn wir licht werden, geht uns Gottes Licht auf. Wir gehen durch die Morgendämmerung der aufgehenden Sonne entgegen.

Das geschieht, wenn wir uns aufmachen. Sich aufzumachen bedeutet, entschlossen den Weg unter die Füße zu nehmen. Aus dem „Mache dich auf“ wird dann unterwegs ein beständiges „Auf, gehe weiter!“ - gib nicht auf, lass dich nicht entmutigen.



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