1./2. Sonntag nach dem Christfest
Leitmotiv: Aufbruch zur Menschlichkeit
Wochenspruch: „Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen.“
Lukas 2,29f



1. Johannes 2,21-25

Johannes sagt hier etwas zur Definition des Antichristlichen. Aus den Versen zuvor erfahren wir, dass es aus dem Christentum hervorgeht und dass es sich in einer unbestimmten Anzahl von Personen manifestiert, also nicht nur in dem Antichristen schlechthin. Und in diesem Abschnitt kennzeichnet er das Antichristliche inhaltlich als Lüge. Die Lüge konzentriert sich in der Leugnung der Messianität Jesu.

Die Wahrheit, die Johannes dem entgegensetzt, ist Offenbarungswissen. Solche Wahrheit zeigt sich nicht in der Logik des Denkens, sondern im Gewissen des Herzens. Sie ist ein inneres Überzeugtsein, das sich nicht logisch begründen lässt und das sogar als unlogisch wahrgenommen werden kann. Johannes geht davon aus, dass die Adressaten dieses Offenbarungswissen mit ihm teilen.

Das Antichristliche leugnet dieses Wissen. Das Leugnen ist sehr deutlich vom Nicht-Wissen zu unterscheiden. Nicht-Wissen und Wissen verhalten sich zueinander wie die Knospe zur Blüte. Man kann natürlich auch als Nicht-Wissender leugnen, aber das hat dann kaum die gefährliche Qualität des Antichristlichen, die Johannes hier thematisiert, sondern es ist einfach nur dumm. Die wahre Gefahr des Leugnens, das eigentlich Antichristliche, findet sich bei Christen, die das Offenbarungswissen dem Schein nach teilen. So wird die Leugnung zum Verrat. Diese Art des Christentums wird durch Judas symbolisert.

Johannes glaubt allerdings nicht, dass ein judasartiger Christ je wirklich am Offenbarungswissen teil hatte. Der Selbstmord des Judas zeigt ja auch, dass er einer furchtbaren Täuschung erlegen ist. Hätte er wirklich gewusst, was er tat, wären ihm die Folgen also zuvor schon klar gewesen, so hätte er nichts zu bereuen gehabt. Johannes sagt in Vers 19 sehr klar: „Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns. Denn wenn sie von uns gewesen wären, so wären sie ja bei uns geblieben.“ Wer das Offenbarungswissen also wirklich teilt, der kann Jesus gar nicht leugnen.

Es hilft zum Verständnis, dass die Lüge im Griechischen Pseudos heißt. Wenn wir heute von „Pseudo“ sprechen, dann meinen wir eine Fälschung. Nicht-Wissen allein ist so wenig ein Fälschen wie ein Leugnen. Fälschen ist die bewusste Vortäuschung eines Echten. Das Problem des Antichristlichen ist das Problem des Pseudochristentums. Möglicherweise täuschend ähnlich wird bewusst ein Glaube, der im Offenbarungswissen des Herzens gründet, vorgespielt. Aber diese tiefste innere Überzeugung fehlt. Man tut nur so, als wäre sie vorhanden. Es ist das geheuchelte, unwahrhaftige Christentum, das sich aber so gebärdet, als wäre es das einzig wahre.



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